AKT!ON 21

Offener Brief an BM Häupl
Otto-Wagner-Areal/Steinhof - wie soll es weitergehen


Donnerstag, 6. November 2014

Die Mediationsvereinbarungen sowie die durch das Expertengremium vorgegebenen Prinzipien für den Umgang mit dem Otto-Wagner-Areal liegen auf dem Tisch.
Bezüglich des nun vorrangig zu erstellenden Nutzungskonzeptes sind transparente demokratische Vorgehensweisen unumgänglich. Stattdessen scheinen Geheimverhandlungen mit Investoren stattzufinden, denen große Teile des Ostareals – und eventuell noch viel mehr – auf Basis einer Baurechtspacht langfristig zur Verfügung gestellt werden sollen. Zum Schaden der Stadt und ihrer Bevölkerung, da durch beliebige Zerstückelungen eine langfristig flexible bedarfsorientierte Nutzung massiv behindert würde.
Zu diesem Thema haben sich die Mediations-TeilnehmerInnen der BI Steinhof in einem offenen Brief an Herrn Bürgermeister Häupl und Frau Vizebürgermeisterin Vassilakou gewandt:



Sehr geehrter Herr Bürgermeister !
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin !

Sie haben durch Ihr „Zurück an den Start“ in der Frage Otto Wagner Spital am Steinhof eine Nachdenkphase und Mediationsgespräche für Steinhof möglich gemacht.
Das von der Stadt beauftragte ExpertInnengremium hat daraufhin einen Katalog von Prinzipien für den Umgang mit diesem einzigartigen Denkmal erarbeitet:
  1. Der Ostteil muss im funktionalen und räumlichen Zusammenhang mit dem Gesamtareal betrachtet werden.
  2. Das Gesamtareal des OWS soll im Eigentum der öffentlichen Hand bleiben und kann mit zeitlich begrenzten Nutzungsrechten (z.B. im Baurecht) auf Basis genauer Gestaltungsrichtlinien vergeben werden.
  3. Für das Gesamtareal sollen in Abhängigkeit der Absiedlungspläne Nachnutzungsszenarien entwickelt und kontinuierlich umgesetzt werden.
  4. Eine ehestmöglich zu gründende Trägerbetriebsgesellschaft soll das ganze Areal verwalten.
  5. Im Hauptteil und im westlichen Sanatoriumsbereich dürfen in den Freiflächen und zwischen den Pavillons keine Neubauten errichtet werden.
  6. Für das gesamte Areal ist ein Parkpflegewerk auszuarbeiten.
  7. Die Grünstreifen zwischen Sanatoriumsbereich und Hauptareal bzw. Ostareal sind wesentliche räumliche Ordnungselemente der Gesamtanlage und dürfen daher nicht oberirdisch verbaut werden. Die Achse Pathologie–Kirche muss frei bleiben.
  8. Die Umnutzung aller Bestandsgebäude ist nur unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten möglich.
  9. Es soll ein Testplanungsverfahren unter Teilnahme von ausgewählten, qualifizierten Architektinnen und Architekten im diskursiven Verfahren mit dem Expertinnengremium OWS stattfinden, um potentielle Baufelder und deren Gestaltung im Ostteil auszuloten. ArchitektInnen aus dem Expertengremium können nicht
    Teilnehmer am Testplanungsverfahren sein, sie werden beratend eingebunden.
Die Positionen der Bürgerinitiative wurden dadurch in eindrucksvoller Weise von den ExpertInnen bestätigt:
  • Das Otto-Wagner-Spital muss als Gesamtanlage gesehen werden,
  • die organisatorischen Voraussetzungen für die weitere Entwicklung müssen „ehestmöglich“ geschaffen werden, um auf die Phase nach Ende des Spitalsbetriebes vorbereitet zu sein, (Die Bürgerinitative schlägt die Gründung einer Landesstiftung vor.)
  • der Bebauungsplan muss geändert werden, damit „im Hauptteil und im westlichen Sanatoriumsbereich auf den Freiflächen zwischen den Pavillons keine Neubauten errichtet werden“ können.
Die realen Aktivitäten ignorieren diese grundvernünftigen Vorschläge völlig:
Anstatt eine „Trägerbetriebsgesellschaft“ zu etablieren und eine Rahmenplanung für die zukünftige Nutzung zu erstellen, wird ohne Gesamtkonzept mit Interessenten über Teilflächen im Osten verhandelt. Dass durch ein solches Stückwerk ohne Gesamtsicht Nutzungskonflikte wegen gegenseitiger Störungen erzeugt werden, bleibt unbeachtet oder es wird den Nutzern überlassen, die Schwächeren (und das werden soziale Einrichtungen sein) zu verdrängen.
Da sich eine solche Vorgangsweise nicht für die Auslage eignet, werden die diesbezüglichen Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Das im Zuge der Mediation immer offener gewordene Gespräch mit der Bürgerinitiative wird durch Geheimverhandlungen ohne Plan unter Ausschluss der Öffentlichkeit ersetzt.

Steinhof ist neben Schönbrunn das zweite ganz große Bau- und Naturdenkmal Wiens. Da es im öffentlichen Eigentum steht, hat die Öffentlichkeit ein Recht, über Ideen für seine zukünftige Gestaltung und Nutzung informiert zu werden. Die Bürgerinitiative Steinhof verlangt, die Gespräche darüber wieder aufzunehmen.


Herr Bürgermeister und Frau Vizebürgermeisterin, wir wissen, dass Ihnen Steinhof ein Anliegen ist, sonst hätten Sie den Abverkauf des Areals nicht gestoppt.

Mit dem ExpertInnengutachten liegt ein Kompass für die weitere Vorgangsweise vor.
Ignorieren Sie diesen Kompass nicht. Sorgen Sie dafür, dass die Expertise nicht vergeblich erstellt wurde, sondern dass die dort festgeschriebenen guten Vorschläge auch realisiert werden.

Veranlassen Sie, dass die BürgerInnen unserer Stadt über Planungen und Verfügungen über öffentliches Eigentum informiert werden. Transparenz sollte nicht nur auf Wahlplakaten stehen, sondern auch geübt werden.

Es wäre im Interesse aller Beteiligten, am Ende der Legislaturperiode auf ein klares, von der Zustimmung aller getragenes Konzept für das Otto Wagner Spital am Steinhof verweisen zu können - darauf verweisen zu können, dass die Grundlagen geschaffen wurden, auf denen sich Steinhof zu einem attraktiven neuen Stadtteil für Wissenschaft, Forschung, Ausbildung, Heilkunst, Rehabilitation, Psychotherapie, Pflege, Kunst, Kultur, Erholung, Freizeit, Tourismus, .... entwickelt. All diese Ziele wurden in der Mediation im Einvernehmen mit VertreterInnen der Stadt festgehalten.
Denken Sie daran, dass die Gesamtanlage mit Kirche, Theater, einem Otto Wagner Museum und einer Gedenkstätte für die Kinder vom Spiegelgrund auf großes Publikumsinteresse stoßen und einen fixen Platz im Tourismuskonzept der Stadt Wien einnehmen könnte. Dies insbesondere bei der kürzlich in einer Pressekonferenz vorgestellten angestrebten Steigerung des Wientourismus um 40%. Spätere Generationen werden es Ihnen danken, diesen Schatz für die Stadt erhalten zu haben.

Im Sinne einer transparenten demokratischen und konfliktvermeidenden weiteren Vorgangsweise erwarten wir Information über die Vorgänge und die Wiederaufnahme der bisher positiv und erfolgreich geführten Gespräche.


Mit freundlichen Grüßen !

Für die TeilnehmerInnen der Steinhof-Mediation:

Christine Muchsel, Dr. Johanna Kraft, Irmi Novak, Christa Hasegruber, Helmut Schauer, Wolfgang Veit, Ferry Kovarik, Ernst Straka , Gerhard Haeske


P.S.: Laufende Informationen, wie wir die Entwicklung einschätzen, finden Sie auf der
Webseite des Vereins „Steinhof als Gemeingut erhalten und gestalten“ www.steinhof-gestalten.at
oder in der Facebook-Gruppe „Steinhof als Gemeingut erhalten und gestalten“
"Steinhof als Gemeingut erhalten" 
von Website: www.steinhof-gestalten.at am 2014-11-12 um 11:51 Uhr
nicht ganz einfach über die Aktion 21 Seite.