AKT!ON 21

Vorsicht, Politikersprech!

Samstag, 15. Dezember 2007

Wie hat doch Frau Stepp, SPÖ-BV-Stellvertreterin des 1. Bezirks, zur Frage der Luegerplatzgarage in einem Interview für Wien First ausweichend gemeint: es gebe einige Vorteile, auch einige Nachteile bzw. zu klärende Fragen. Nun ja, wer die wohlüberlegte Diktion von Politikerinnen und Politikern kennt, der liest Klartext: es gibt Vorteile und – erraten! – „einige zu klärende Fragen“ (no na). Etwa die, ob man eine nachhaltige Schädigung der Platane in Kauf nehmen oder sie lieber gleich umsägen solle. Das sogleich mit „zu klärenden Fragen“ entschärfte Wort „Nachteile“ dient flüchtigen Lesern vordergründig für den Anschein einer (nicht vorhandenen) Äquidistanz. Was Frau Stepp meint, ist klar: die Garage muss gebaut werden. Sie glauben es nicht? Nun denn, das war ja noch nicht alles.

Kreide schlucken

Zunächst mäkelt Frau Stepp an der Frau Bezirksvorsteherin Absicht herum, eine Befragung der Betroffenen durchführen zu wollen. Warum diese denn nicht schon längst durchgeführt wurde? Gegenfrage: hat die SP-Fraktion etwa eine solche Befragung schon vor längerer Zeit angeregt oder gar beantragt und sollte das im allgemeinen Protest gegen die Garage untergegangen sein? Und: sie werde das Ergebnis der Befragung in ihre Überlegungen mit einfließen lassen. Dass ihr dabei die viele Kreide nicht im Hals stecken bleibt! Frau Stepp sagt nicht vielleicht: sie werde das Ergebnis für ihre Fraktion als verbindlich anerkennen, wie es ihre Kolleginnen und Kollegen, wenn auch schweren Herzens, bei anderen Garagenbefragungen getan haben. Eh klar. Denn die Überlegungen werden eben dahin gehen, dass die Garage unbedingt notwendig ist, auch wenn alle Argumente dagegen sprechen. Alle Gründe zählen nicht, wenn die starke (SP-) Mehrheit spricht! Und das Ergebnis der Befragung wird in diese Überlegungen einfließen, je nachdem wie es ausfällt: stimmen die Bürgerinnen und Bürger für die Garage, dann wird ihm Rechnung getragen werden. Stimmen sie dagegen, dann wird das in den Bereich der „zu klärenden Fragen“ abgeschoben werden, wobei die Klärung dann wohl dem Konditionalsatz gelten wird, den Frau Stepp wohlweislich hinzugefügt hat: ...wenn es eine seriöse Befragung ist und nicht wie bisher von Frau BV Stenzel durchgeführt. Alles klar? Wenn die Befragung von der Frau Bezirksvorsteherin durchgeführt wird, dann ist sie eben nicht seriös und wird in die Überlegungen der SPÖ nicht einfließen. Wer aber sonst sollte sie durchführen? Frau Stepp als BV-Stellvertreterin? Oder die Stadt Wien? Auf wessen Initiative? Und warum ist dies dann nicht schon längst geschehen – wie Frau Stepp im selben Interview gerügt hat? Zick-zackiger geht es wohl kaum. Man merkt die Absicht und ist verstimmt. Hier schimmert bereits jene Mauer durch, die Frau Stepp ihren Kollegen in der Stadtpolitik und -verwaltung macht, um den Lebensraum der Platane und der betroffenen Bevölkerung einzuschnüren und zuzubetonieren. Dazu passt auch die Aussage, dass die Beamten der Stadt Wien und die Projektbetreiber viel Arbeit und Geld in das Projekt investiert hätten und die Frau Bezirksvorsteherin nun nach 5 Jahren eine Befragung der Bevölkerung...und damit im Fall einer Ablehnung dieses kostbare Investment zunichte machen will.g über die Medien ankündige. Bleibt zu ergänzen:

Mit Bürgerbeteiligung nichts am Hut

Der Rest ist billigste parteipolitische Kleinmünze. Sie (Frau Stepp) bzw. ihre Bezirksfraktion werde die Luegerplatz-Garage erst ernsthaft diskutieren, wenn die Frau Bezirksvorsteherin dazu eine klare Aussage getroffen haben würde. Klar zum Ausdruck kommt dabei nur eines, nämlich, was Frau Stepp von Bürgerbeteiligung hält: nichts. Hat sie nicht auch 5 Jahre Zeit gehabt, die Meinung der Bevölkerung einzuholen? 5 lange Jahre, die der Garagenkoordinator der Stadt Wien benötigt hat, an den Bürgerinnen und Bürgern, die er grundsätzlich keines Blickes würdigt, und an deren Bedarf vorbei den Luegerplatz als exzellenten Garagenstandort auszumachen, ihn möglichen Projektwerbern als konkretes Objekt anzudienen und dem Projektentwickler, der den Zuschlag erhalten hat, mit Rat und Tat beizustehen, wie man so ein Garagending den davon Betroffenen schmackhaft macht? Hätte sie nicht lange vor der Frau Bezirksvorsteherin tun können, was diese getan hat, nämlich Garagenentwickler, Garagenkoordinator und Fachleute mit Vertretern der Bürgerinnen und Bürger zusammenzubringen und in einem Diskurs eine Annäherung der Standpunkte und, wenn schon eine solche nicht möglich erscheint, wenigstens die Erörterung von Alternativen zu dem ohnedies noch lange nicht ausgereiften Projekt zustande zu bringen? Zählt für die Exponentin einer Partei, die sich sozialistisch nennt, die Meinung der betroffenen Bevölkerung so wenig, dass sie im besten Fall das Ergebnis einer von ihr nicht gewollten Befragung der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe in ihre Überlegungen mit einfließen lassen werde?

Fernsteuerung aus dem Rathaus

Wüsste man nicht über die Mechanismen der Fernsteuerung, man könnte nur ungläubig den Kopf schütteln über so viel politische Elevenakrobatik. Aber da sind eben diese Mechanismen, und das Folgende illustriert, wie diese funktionieren.
In einem Teil des 1. Bezirks wurde ein neuer Flächenwidmungs- und Bebauungsplan ausgearbeitet. Dieser ist nach der Bauordnung für Wien durch 6 Wochen öffentlich aufzulegen, wobei jedermann die Möglichkeit hat, dazu schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme ist zwar in jeder Hinsicht unverbindlich – realistische Stimmen sagen „für die Fisch’“, aber eines kann man ihnen nicht absprechen: dass sie doch ab und zu auf gravierende Mängel oder Fehler, oder aber auf massive Ablehnung einzelner Details durch eine große Zahl von Bürgerinnen und Bürgern hinweisen und damit den politischen Mandataren so etwas wie ein Bevölkerungsecho vermitteln, von dem ja niemand, der sich einen letzten Rest politischen Instinkts bewahrt hat, behaupten kann, er sei für sie oder ihn nicht von Interesse. So weit so gut. Gleichzeitig mit der öffentlichen Auflage erhält aber auch der Bezirk die Aufforderung zur Stellungnahme innerhalb einer vom Magistrat festzusetzenden Frist, die nicht länger als 3 Monate sein darf. Üblicherweise deckt sich diese Frist in etwa mit jener für die allgemeinen Stellungnahme. Nicht so im konkreten Fall. Als wollte man keine Gelegenheit versäumen, der ungeliebten Bezirksvorsteherin, die sich unterstanden hat, mit gelebter Bürgernähe den schon sicher geglaubten parteipolitischen Wechsel im 1. Bezirk zu untergraben, wieder einmal eins auszuwischen, hat man der Bezirksvertretung eine Frist von 13 Tagen (davon 9 Werktage) eingeräumt! Was man zunächst für einen Druckfehler hätte halten können, entpuppte sich als veritable Falle: in der vorgegebenen Zeit wäre ein gründliches Studium des Plandokumentes für die Bezirksabgeordneten nicht zumutbar gewesen. Sie hätten, wie dies seit neuerem in der Bundespolitik selbst bei Ressortminister(inne)n vorkommt, das Plandokument ungelesen verabschieden müssen oder aber den Magistrat um Fristerstreckung ersuchen können. Der Pferdefuss: hätte der Magistrat die Erstreckung abgelehnt und diese Ablehnung nach Fristablauf bekannt gegeben, hätte der Bezirk überhaupt keine Möglichkeit mehr zur Stellungnahme gehabt.

Bürgerfeindlichkeit als Wahnsinn mit Methode

So weit, so schlecht. Die Bezirksfraktionen haben daraufhin, so sollte man meinen, das Plandokument geschlossen abgelehnt und damit die Unzumutbarkeit solchen Vorgehens demonstriert. Weit gefehlt! Der Bezirks-SPÖ – von wegen Fernsteuerung – war der Gleichschritt mit der Stadt-SPÖ wichtiger als die Interessen des Bezirks, die sie zu vertreten vorgibt. Wohlgemerkt: nicht ihrer politischen Mitbewerber im Bezirk, um die es zwar auch ging, aber nur indirekt. Denn betroffen von Widmungen ist allemal die Bevölkerung, deren Stellungnahmen ja erst im Laufe der darauffolgenden Wochen einlangen und die ja – zumindest in der Theorie – von den Bezirksräten bei ihrer Entscheidung mitberücksichtigt werden sollten. Eine solche Berücksichtigung nicht nur faktisch, sondern auch theoretisch brutal abzuschneiden, das ist der Stil des von der SP-Alleinregierung dazu angehaltenen Magistrates, das ist aber auch – und das sollte man sich merken – das mit dieser bürgerverachtenden Vorgangsweise solidarische Stimmverhalten der SP-Bezirksräte.
Man mag das bürgerfeindliche Verhalten der SPÖ – offenbar als politische Antwort auf das bürgerfreundliche der Frau Bezirksvorsteherin – für politischen Wahnsinn halten; Methode kann man diesem Wahnsinn aber kaum absprechen.

Helmut Hofmann
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