AKT!ON 21

Die Markthalle schließen?


Freitag, 6. April 2007

Sehr geehrte Frau Yilmaz!

Wenn es um Lügen und Ausreden geht, sind die den Landstraßer Markt schließen wollenden berufsmäßigen Vernichter urbaner Lebensqualität nicht verlegen. Ihr Repertoire ist schier unerschöpflich. Jetzt versteigen Sie sich als Wiens SPÖ -"Marktsprecherin"; zu der geradezu absurden Behauptung, es wollten die sich gegen eine Schließung der Halle auftretenden übrigen (politischen) Parteien "Sozialhilfe, Wohnbeihilfe oder Schulförderungen kürzen, damit weiter schwer subventionierte Schnitzel in der Landstraßer Markthalle verkauft werden können". Frau Nurten Yilmaz: was verstehen Sie unter "schwer subventioniert"? Und möchten Sie die Freundlichkeit haben, die Öffentlichkeit über diese "Subvention" so detailliert zu informieren, dass der Subventionscharakter für Jedermann nachvollziehbar wird? Und dann wäre es wohl, bevor Vergleiche mit Sozialhilfe, Wohnbeihilfe oder Schulförderungen angestellt werden, hoch an der Zeit, die tatsächlichen Subventionen der Stadt Wien anzuführen und ihre Sinnhaftigkeit in Frage zu stellen, zum Beispiel jene für Volksgaragen, die keine(r) von denen will, für die sie angeblich errichtet werden sollen. Die machen nämlich ein Vielfaches von dem aus, was Sozialhilfe, Wohnbeihilfe oder Schulförderungen Ihrer unbewiesenen Behauptung nach durch die Landstraßer Markthalle vorenthalten wird.
Merken Sie, Frau Yilmaz, immer noch nicht, wie lächerlich und grotesk Ihre Argumentation ist? Merken Sie immer noch nicht, wie Sie mit derart plumpen Untergriffen, mit denen Sie an die Neidgenossenschaft einiger kurz Denkender appellieren, ihre eigene Partei beschädigen? Ist der Unmut gestandener Sozialdemokraten über das turbokapitalistische Verhalten eines Bauträgers, welcher sich der uneingeschränkten Unterstützung Ihrer Partei erfreuen darf, noch nicht bis zu Ihnen vorgedrungen? Schade, dass Sie am Gründonnerstag nicht wenigstens vor die Markthalle gekommen sind und sich die Kommentare des "kleinen Mannes" - und vor allem der "kleinen Frau", falls Ihnen die überhaupt ein Anliegen sind - angehört haben! Vielleicht wäre dann Ihr Kommentar - sagen wir einmal - vorsichtiger ausgefallen. Diese Menschen stellen nämlich die richtigen Fragen, Fragen auf welche Sie vermutlich nicht werden antworten wollen. So wie ja auch Ihre Politikerkolleginnen und -kollegen, der Bauträger und alle, die in dieses Projekt eingebunden sind, auf richtig gestellte Fragen bisher keine befriedigende Antwort gegeben haben. Eine dieser Fragen lautet: wenn die Markhalle wirklich ein so gewaltiges Verlustgeschäft für die Stadt Wien ist, warum kommt man dann erst jetzt, wo der Bauträger die Fläche zu brauchen vorgibt, darauf? Wenn diese angebliche Geldvernichtung wegen der damit verbundenen Einbußen an Sozialhilfe, Wohnbeihilfe oder Schulförderungen nicht akzeptabel ist, warum hat die Stadt Wien sie dann seit 1979 akzeptiert und nichts unternommen, um Abhilfe zu schaffen? Weil ihr Sozialhilfe, Wohnbeihilfe oder Schulförderungen in Wahrheit völlig gleichgültig sind und nur dann herhalten müssen, wenn es um die Förderung kapitalistischer Großprojekte geht?

Ganz abgesehen von dem dümmlichen Subventionsargument, denn unter dem Blickwinkel des umfassenden Gemeinnutzens ist wohl jede kommunale Ausgabe das, was Sie als Subvention bezeichnen, weil weder Sozialhilfe, Wohnbeihilfe noch Schulförderungen allen Bürgerinnen und Bürgern zugute kommen. Da wäre eine Nachhilfestunde in Sachen kommunale Aufgaben und Gemeinnutzen - vielleicht bei unserem nachhilfefreudigen Bundeskanzler, der dafür gerne den Begriff "Umverteilung" verwendet und Stellungnahmen wie die Ihre nicht zu Unrecht als "soziale Kälte" angeprangert hat - hilfreich. Und auch eine klare Aussage darüber, ob Sie geldwerte Förderungen und verschenkte Planwertgewinne für Mammutprojekte à la Rothneusiedel, welche mit Sozialhilfe, Wohnbeihilfe oder Schulförderungen nicht das Geringste zu tun haben, ebenfalls zu jenen Aufwendungen zählen, welche sich die Stadt Wien nicht leisten könne.

Ich weiß, es ist nicht angenehm für Sie, dass die Versuche Ihrer Gesinnungsfreunde, das Komitee "Rettet die Markthalle" in die Nähe einer oder auch zweier politischen Parteien zu rücken, kläglich gescheitert sind. Obwohl es auf eine Verleumdung mehr oder weniger wahrscheinlich auch nicht mehr ankommt. Es ist sicher auch nicht angenehm, unbedachte Sager wie "Die Stadt Wien ist jedenfalls nach wie vor nicht bereit, jeden Paradeiser und jedes Wurstblatt, das im Landstraßer Markt verkauft wird mit Millionen an Steuergeldern zu subventionieren", ausbügeln zu müssen, mit welchen Sie veritable Lachstürme geerntet haben. Glauben Sie nicht, dass es endlich an der Zeit wäre, anstelle solcher unsinnigen Gemeinplätze, für welche sich sogar die populistischste aller Parteien schämen würde, in ein sachliches Gespräch mit allen jenen (und nicht nur mit ein paar, welche mit Ablöseversprechen zu fangen sind) einzutreten, die ein solches weit eher verdient hätten als bissige und gehässige Rundumschläge, die man von einer Abgeordneten, die sich sozialdemokratisch nennt, am allerwenigsten erwartet hätte?

Freilich: ein solches Gespräch hätte nur dann Sinn, wenn es dem Überzeugen und nicht dem Überreden gelten würde.

Helmut Hofmann
Mitglied des Komitees "Rettet die Markthalle"
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