AKT!ON 21

Sieger sehen anders aus


Sonntag, 22. April 2007

Die FPÖ-Riege wird wissen, warum sie diesen überraschenden Schwenk vollzogen hat. Aus sachlichen Gründen wohl kaum, denn diese auszudiskutieren hätte sie ja ausreichend Gelegenheit gehabt. Die gleichzeitig mit der SPÖ vorgetragene Formel von ein paar Ständen inklusive Fleischercorner lässt vermuten, dass sich hier der SP-Wunsch nach Auflassung des Marktes und Räumung der Halle für baubedingte Interimslösungen und nachfolgender Erweiterung des Einkaufszentrums mit dem Ausländer raus-Reflex der FP die Hand zum Zweckbündnis gereicht haben. Wer in dieser Halle Überfremdung ortet, kennt sie nicht von innen. Alle, welche die Halle trotz der gezielten Verwahrlosung durch die Stadt Wien lieben, werden zu bewerten wissen, dass hier auf dem absolut falschen Bein Hurra gebrüllt wurde: Mit einem Wort: Sieger sehen anders aus.

Aber auch die SPÖ kann ihres Erfolges nicht froh werden. Folgt man den Wortmeldungen ihrer Bezirksabgeordneten, dann gibt es keinen Spielraum für einen konstruktiven Dialog, dann ist der ausdrückliche Protest von über 10.000 Bürgerinnen und Bürgern - es werden sich ihnen sicher noch viele hinzugesellen -ebenso unbeachtlich wie die sozialen Folgen der Schließung. Auch weiß man bei der SPÖ genau, dass ihr Versprechungen wie 9 Mio Ablösezahlungen an die Standler der Halle oder kein Supermarkt statt der Halle sehr bald auf den Kopf fallen und den Slogan - Die Stadt Wien hält, was sie verspricht - Lügen strafen könnten. Dass der Bürgermeister mit dem Stimmverhalten der FPÖ die Einlösung seiner Aussage, er werde nicht gegen einen Mehrheitsbeschluss des Bezirkes handeln, noch einmal abwenden konnte, ist höchstens ein Pyrrhussieg. Echte Sieger sehen anders aus.

Ob ÖVP, GRÜNE und KPÖ die Ablehnung ihres gemeinsamen Antrags als Niederlage ansehen, bleibt ihnen überlassen. Die Tatsache allein, in einer Sachfrage gemeinsam auf Seiten der Bürgerinnen und Bürger gestanden zu sein, spricht gegen eine solche Ansicht. Vom Standpunkt gelebter Demokratie war dieses Verlassen einzementierter parteipolitischer Rituale eine (positive) Sensation. Mit der FPÖ hätte sie allerdings eine ganz andere Dimension erreicht. Diese verhindert zu haben, ist nicht ihr Problem, sondern jenes der FP. Trotzdem: Sieger sehen anders aus.

Dass die Marktstandler und deren in die Tausende gehenden Kunden nicht den Siegern zuzurechnen sind, bedarf keiner Erwähnung. Sie haben allerdings keinen Sieg erwartet, es sei denn jenen der Vernunft. Von dem war weit und breit nichts zu spüren. Siege der Vernunft, an welche einzelne Abgeordnete appelliert haben, sehen ganz anders aus.

Zurück bleibt ein verheerender Eindruck von einer Bezirksvertreterversammlung, in der persönliche An- und Untergriffe und nicht nachvollziehbare oder unschwer widerlegbare Aussagen dominierten. Zurück bleibt auch das ungelöste Problem Landstraßer Markthalle, auch wenn es die SPÖ nicht als eines der Bürgerbeteiligung in der Lokalen Agenda 21 ansieht, sondern lediglich als eines der Verhandlungen mit den Standlern über deren Ablöse. Zurück bleibt aber auch die Demaskierung einer sich zumindest verbal immer wieder zu Bürgerbeteiligung bekennenden Mehrheitspartei, wenn ihr Vertreter, BV-StV DI Zabrana meint, die Beiziehung fachkundiger Vertreter aus dem Kreis der Betroffenen zu Sitzungen eines Unterausschusses - entspricht durchaus nicht unserem Arbeitsverständnis, wir wollen keine Oppositionsgruppe, die uns behindert, wir wollen arbeiten - Man wird sich solche Wortspenden gut merken, um zu wissen, dass man in der SPÖ Bürgerbeteiligung nicht als Bereicherung, sondern als Behinderung ansieht: als Behinderung beim als Arbeit verbrämten Drüberfahren. Seit dem 20.04.2007 mit dem bisherigen Gottseibeiuns FP als Beiwagen.


SPÖ und FPÖ fallen beim Umfallen einander in die Arme...
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