AKT!ON 21

Wien verhandelt anders – eine wahre Geschichte aus Wien – Mitte (2)


Freitag, 1. Juni 2007

Nun, Behörden sind lernfähig. Am 27.05.07 fand die Fortsetzung, man könnte auch sagen "Reparatur" der vor einem halben Jahr infolge massiver Bürgerbeteiligung "misslungenen" Verhandlung statt. Hat ein bisserl länger gedauert als bis zum 31. Jänner 2007, der Reparaturfrist, die Frau Mag. Wurst dem Bauträger ursprünglich eingeräumt hatte. Ist ja auch wirklich nicht Schuld des Magistrats, wenn der Bauträger so lange braucht, um das "zurückgezogene" Umweltgutachten neu zu fassen. Na ja, wenn dieser 27.05.2007 nicht ausgerechnet der Freitag vor Pfingsten gewesen wäre, ein Tag, an welchem man selbst im sonst dicht verparkten Gebiet locker einen Parkplatz bekommt. Ein Schelm, der schlecht darüber denkt.

Die Liste der Geladenen war lang. Es waren viele Anrainer dabei. Das Verhandlungszimmer - Sie lesen richtig: Zimmer - verfügte über 17 Sitzgelegenheiten. Gekommen waren 37 Personen. Die Mehrheit musste stehen. Die charmante Verhandlungsleiterin, Frau Mag. Wurst, ließ das eine offene Fenster schließen - wegen des Lärms, der aus der Rochusgasse kurzzeitig heraufdrang. Dafür, dass es über 30 Grad im Schatten hatte, dafür konnte sie ja wirklich nichts. Immer noch ein Schelm, der schlecht darüber denkt.

Die Amtssachverständigen legten - einmal mehr - ihre Sicht der Dinge dar. Einem Anrainer ging nach einer Viertelstunde ruhigen Zuhörens die Geduld aus. Er beantragte die Verlegung in einen größeren Raum, weil es unzumutbar sei, der Verhandlung stundenlang stehend beizuwohnen und sich dabei Notizen zu machen bzw. Unterlagen abzulegen. Frau Mag. Wurst wies das Ansinnen mit der Begründung ab, es sei kein größerer Raum frei (als ob man einen solchen für die seit einigen Wochen ausgeschriebenen Verhandlung nicht hätte rechtzeitig sichern können). Nicht nur das, sie bezichtigte den Antragsteller der Absicht, auf Konfrontationskurs gehen zu wollen und lenkte erst ein, als er ihr eröffnete, wenn er dies gewollt hätte, dann hätte er die Verhandlung platzen lassen können, denn er sei (aufgrund eines Versehens der Behörde) gar nicht geladen gewesen. Ab diesem Moment wirkte die Verhandlungsleiterin wie ausgewechselt. Sie bot ihm nicht nur einen der 3 unbesetzten Stühle - zuerst waren diese "für Sachverständige reserviert" gewesen - an, sondern erwies sich auch sonst als die Freundlichkeit in Person. Vergessen war offenbar der Vorsatz, es "den unbequemen Stänkerern" anzuzwidern, zumindest diesem ungeladenen Anrainer gegenüber.

Bezeichnend war auch der Hinweis der Verhandlungsleiterin auf die "Verhältnisse bei den Gerichten", wo man auch nichts dagegen tun könne, wenn ein Saal überfüllt sei. Reicht die Erfahrung der Frau Mag. Wurst mit den Bräuchen bei Gericht nicht, Parteien und unbeteiligtes Auditorium zu unterscheiden? Weiß sie nicht, dass bei Gerichten für Parteien immer eine Sitzgelegenheit vorhanden ist, auch wenn ein Saal noch so mit Zuhörern überfüllt ist? Wäre selbst dann, wenn der Vergleich zutreffend wäre, ein anderswo vorhandener Missstand eine Rechtfertigung für den eigenen, der sich "leider so ergeben hat"? Wahrlich, ein Schelm, der schlecht darüber denkt.

Bezeichnend war aber auch die "Randbemerkung" der Verhandlungsleiterin zu einer Anrainerin, die es wagte, in einer Frage an einen Sachverständigen die Markthalle ins Spiel zu bringen: sie wurde mit der Zurechtweisung "bestraft", dass die Verhandlung nicht der Ort sei, "politische Überlegungen" ins Spiel zu bringen. Immerhin: Frau Mag. Wurst war offenbar gut "präpariert".

Wundert es, wenn angesichts solcher Verhaltensmuster, die an die tiefsten Ostblockzeiten erinnern, den Bürgerinnen und Bürgern nichts anderes übrig bleibt, als auf die Fehler zu lauern, den jeder auf dem hohen Ross sitzende früher oder später begeht, um dann zu erreichen, was in einem offenen Diskurs auf Augenhöhe längst und viel besser zum Wohle aller möglich gewesen wäre?

Helmut Hofmann
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