AKT!ON 21

Wer ist schon ICOMOS?


Montag, 6. Juni 2022

Das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt („Welterbe-Konvention“) ist in Österreich Gesetz. Es sieht vor, dass „innerhalb der UNESCCO (Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur) ein zwischenstaatliches „Komitee für das Erbe der Welt“ gewählt wird (Art. 8) das seinerseits Gremien einsetzen kann, „die es zur Wahrnehmung seiner Aufgaben für erforderlich hält“ (Art. 10).

Der Internationale Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) ist als solches Gremium in der Welterbe-Konvention ausdrücklich vorgesehen (Art. 14). ICOMOS als einen Verein Minderqualifizierter zu sehen, zeugt von Präpotenz und Ignoranz.

ICOMOS wurde 1965 als Folge der internationalen Charta über die Konservierung und Restaurierung von Kulturdenkmälern und Gesamtanlagen ins Leben gerufen. Deren Mitglieder sind nationale Komitees und Vereinigungen für Denkmalpflege aus den Mitgliedsstaaten der UNESCO, darunter auch der Republik Österreich.

ICOMOS International berät die UNESCO zu denkmalpflegerischen Fragen, insbesondere des Weltkulturerbes. Vor der Ernennung neuer Stätten erstattet sie ein Fachgutachten zu dem Antrag auf Eintragung in die Welterbeliste, gibt Beschlussempfehlungen dazu an das Welterbekomitee und überprüft den Erhaltungszustand bereits eingetragener Welterbestätten. Im Rahmen von ICOMOS arbeiten 28 internationale wissenschaftliche Komitees,[7] die sich mit Fragen des Erhalts und der Restaurierung von Kulturdenkmälern befassen.

Dies alles sollte man wissen, wenn man sich ein Urteil über ICOMOS anmaßt. Es zählt zu den heutzutage leider schon üblich gewordenen Falschinformationen unserer Landes- und Bundesregierungen, so zu tun, als träge ICOMOS irgendwelche Entscheidungen. Es ist eine leider traurige Tatsache, dass Landes- und Bundesregierungen politischen Entscheidungen ausweichen und an von ihnen ernannte „Experten“ auslagern, weil diese nicht nach ihrem Expertenwissen, sondern in Abhängigkeit von denen beraten, die sie dazu ernannt haben. Besonders infam ist es, diese schlechte Angewohnheit einer internationalen Organisation zu unterstellen, die schon durch die Art und Weise ihrer Zusammensetzung über solchen Expertenmissbrauch erhaben ist.

Im 21. Jahrhundert scheint Unverschämtheit zur Normalität geworden zu sein. Anders kann man sich die Ausritte von Organen der Stadt Wien gegen eine Expertenorganisation (ICOMOS) im Rahmen der Vereinten Nationen (UNESCO) nicht erklären. Da wird von Leuten, die zu Denkmal- und Ensembleschutz nicht die geringsten Fachkenntnisse haben, einschlägigen international anerkannten Experten jegliche Experteneigenschaft aberkannt, weil deren Meinung jener der Obrigkeit nicht in den Kram passt. Da ist es solchen Leuten egal, wie das In- und Ausland auf solch hingerotztes Abkanzeln angesehener Wissenschafter reagiert. Da tritt auch die Frage der Glaubwürdigkeit von Politikern in den Hintergrund, Hauptsache sie setzen durch, was sie – mit oder ohne Grund – vermeinen durchsetzen zu müssen. Da ist es auch egal, ob sie damit gegen die ganze Welt stehen: es ist der Trotz von Möchtegerndiktatoren, der ihnen keinen gesichtswahrenden Ausweg lässt, weil sie sich diesen selber verbaut haben.

Was man höheren Orts offenbar nicht begreifen kann: dass man auf dem internationalen Parkett mit manchen in Österreich leider eingerissenen Methoden kein Leiberl reißt, dass sich 194 Staaten nicht einfach am Gängelband führen lassen, dass „Österreich gegen die übrige Welt“ ein veritabler Holzweg ist, mit dem Schönheitsfehler, dass wir alle ihn werden büßen müssen.

Wenn Leute, die sich in den von ihnen beherrschten Unternehmungen, Vereinigungen, politischen Vertretungskörpern oder Ämtern wie Diktatoren benehmen und sich um Anstand und gute Sitte so wenig bekümmern wie Holzwürmer um wertvolle Holzskulpturen, dann ist das höchst verwerflich. Wenn sie das gegenüber internationalen Vereinigungen praktizieren, dann ist das wenig intelligent, denn der Bumerang kommt bestimmt.

Helmut Hofmann
(Fortsetzung folgt: Die Quargelsturz-These)