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Kommentar: Schönbrunn und sein Komet


Sonntag, 17. Dezember 2006

Schönbrunn und sein Komet

Es gibt Investoren, denen fällt nichts besseres ein als ein Hochhaus, auch wenn sich längst herumgesprochen hat, dass die wenigsten Hochhäuser rentabel sind. Und wenn hinter dem Investor der „richtige“ Politiker steht, dann geht auch die Stadtplanung auf Kuschelkurs. Ein Schelm, der schlecht darüber denkt.
Die Bevölkerung, die das nicht will, ist zu dumm, um ihr wahres Glück zu begreifen.

Zu diesem Glück hat sie Politiker wählen dürfen, die besser wissen (oder zumindest so tun), wie sie die Menschen beglücken. Deshalb wird die Bevölkerung erst gar nicht gefragt, was sie will. Die Antwort wäre ja so und so falsch. Etwa, dass ein 100 m hoher Turm nahe dem Schloss Schönbrunn kein hübscher Akzent wäre, der dem Schloss erst den richtigen Kick geben würde. Der für das Weltkulturerbe so unnötig wäre wie ein Kropf.
Ganz im Gegenteil: Schönbrunn braucht dieses Hochhaus, um nicht als grenzenloser Langweiler die jährlich 9 Millionen Wien-Touristen anöden zu müssen. Es braucht diese „Brücke zur Moderne“, um den ewiggestrigen Welterbeglotzern, die ihr Geld in die Stadt pumpen, zu zeigen, wie eine Stadt von heute auszusehen hat. Vielleicht bringt man sie dann endlich weg, nach Dubai, nach Kuala Lumpur oder anderswohin, wo es noch mehr und noch höhere Hochhäuser gibt. Ausländer raus.
Wie sagte doch Stadtrat Schicker vor einigen Jahren: wenn die Mehrheit die Hochhäuser ablehnt, dann muss man dafür sorgen, dass daraus eine Minderheit wird. Zu dumm doch, dass die UNESCO zufälligerweise derselben Meinung ist wie die Bevölkerung. Zu dumm auch, dass sich diese UNESCO nicht umerziehen lässt. Die kann man nur am Faden halten. Wenn sie gemeint hat, 60 m seien das Maximum an Verträglichkeit mit dem Welterbe Schönbrunn, dann beginnt eben das Lizitieren. Der Architekt plant 72 m und verkündet dies über die Medien. Der geharnischte Protest der Stadtplanung bleibt aus. Das macht Mut. Dann kommt – wetten? – der berüchtigte § 69 der Wiener Bauordnung („geringfügige“ Abweichungen) zur Anwendung, und flugs wächst das Hochhaus um weitere 12 oder auch mehr Meter in die Höhe. Ohne die technischen Aufbauten, versteht sich. Die hinzugerechnet ergeben sich am Ende die ursprünglich geplanten 100 m – und die ganze Aufregung mit der UNESCO war für die Katz. Die Bevölkerung hat ohnedies nichts mitzureden. Die soll dann mit dem Produkt einer stadtplanerischen Pleite leben. Bis zum nächsten Abriss.


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