AKT!ON 21

Kusch; Bürger;Führerprinzip;


Dienstag, 4. Juli 2017

Was harmlos nach Eigenwerbung für das Buch zweier Ex-Flüchtlingsbeauftragter aussieht, wobei der erhobene Moralfinger sagt, was nicht hätte getan werden dürfen, ohne zu sagen, was hätte getan werden sollen, enthält bei genauem Hinsehen Ungeheuerliches – an Wiederbetätigung Grenzendes

Der ehemalige Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad meinte in einem Bernt Koschuh gegebenen Interview (gesendet im Morgenjournal auf Ö 1 am 21.06.17) wörtlich auf die Frage des Interviewers, ob die Ursache für die Meinungsumfragen zufolge mehrheitliche Ablehnung einer Willkommenskultur für Flüchtlinge vielleicht in der Angst liege: „…weil Politiker ihre Aufgabe manchmal darin sehen, sich nach den Menschen zu richten, anstatt, wie ich meine, zu führen und Meinungen vorzugeben – Mehrheiten in einer Demokratie schaffen zwar Recht, aber sie müssen nicht recht haben.“


Begründete Angst

Die Angst ist begründet. Nicht die vor Migranten, die so vielfältig ist, dass man sie nicht in einem kurzen Aufsatz abhandeln kann, sondern die vor Meinungsmachern, die ihre Aufgabe „manchmal“ darin sehen, Meinungen vorzugeben und die Menschen dann diesen von ihnen vorgegebenen Meinungen zu „führen“. Unterfüttert wird diese Ansage dann noch mit den Stehsätzen aller Möchtegern-Diktatoren: „Das Volk hat nicht immer recht“, „das Volk kann irren“ und – konsequenterweise – „daher müssen die Entscheidungen von den dazu Befugten getroffen werden“. Die Befugten sind natürlich sie selbst.


Das Führerprinzip

Man muss das nicht näher ausführen. Das hat schon ein anderer „Führer“ gründlich besorgt. In einer seiner berüchtigten Reden, denen ein großer Teil des Volkes andächtig gelauscht hat, hat er dieses „Führerprinzip“ vorgestellt und auf seine Art begründet: „Sie werden verstehen, dass ein Ortsgruppenleiter nicht so leicht irrt wie ein einfacher Parteigenosse. Und ein Kreisleiter irrt weniger als ein Ortsgruppenleiter. Und ein Gauleiter irrt weniger leicht als ein Kreisleiter. Und Sie werden mir wohl zugestehen, dass ein Gauleiter eher irrt als ich.“ So einfach ist es, das Führerprinzip von der Unfehlbarkeit, dem immer recht haben, abzuleiten. Genau so, wie es Herr Konrad gesagt – und wohl auch gemeint - hat. Was er dabei wohl auch mitgemeint haben dürfte: das Volk kommt dabei nicht vor, nur das Parteivolk, die Parteigenossen. Auf der untersten Stufe der Meinungsbildung, unter der nur noch das Nichtparteivolk dahnvegetiert, unbeachtet, als Nutztier und Kanonenfutter.


Demokratiemüdigkeit?

Es fragt sich dabei: ist der Herr Ex-Flüchtlingskoordinator noch so vom „Führer“ unseligen Angedenkens eingenommen, dass er von seiner Doktrin nicht wegkommt? Oder ist er der Demokratie und des Rechtsstaats müde geworden, weil sich das Volk in den letzten Jahrzehnten zu oft und zu offensichtlich geirrt hat? In der Atomfrage? In der Stopfenreuther Au? Bei der Schiffstaufe in Fußach? Bei Projekten, deren Ablehnung sich im nachhinein als Segen erwiesen hat? Bei gegen den Volkswilllen durchgedrückten Unterfangen, die uns heute zum – noch dazu kostspieligen - Fluch geworden sind?


Plebiszite sind keine Rechtsprechung

Bei souveränen Volksentscheiden geht es nicht um Recht oder Unrecht. Plebiszite sind keine Gerichtsurteile, sie sind Akte der Gesetzgebung. Gerichte entscheiden über ihre richtige Anwendung, nicht über ihren Rechtsgehalt. Ein Verfassungsgerichtshof wacht darüber, dass die Rechtsordnung in sich nicht widersprüchlich ist und die Gerichte bei ihrer Auslegung nicht eigenmächtig entscheiden müssen.


Ruf nach dem Führer?

Wer – auch nur verbal – diese Grundpfeilern des demokratischen Rechtsstaats in Frage stellt (und sei es auch nur „manchmal“ (wie oft ist das?), bringt sich in eine gefährliche Nähe mit einem Delikt, das zwar in Verbindung mit dem Nationalsozialismus unter Strafe steht, mit diesem aber wohl alle Bestrebungen meint, einem Unrechtsstaat nach nationalsozialistischem Muster von Meinungsmonopol einer Partei, Führerprinzip und Politjustiz das Wort zu reden.
Einem im öffentlichen Leben stehenden Mann, dem der Staat eine sehr wichtige Aufgabe anvertraut hat, steht es nicht an, sich öffentlich derart zu äußern und damit eine Gesinnung zu offenbaren, die er an politisch Andersgesinnten geißelt. Dass er bei dieser Gelegenheit auch gemeint hat, mit Kurz nicht immer einer Meinung zu sein, kann dieser wohl nur mit Genugtuung registrieren.


Helmut Hofmann
Großartig! 
von CR am 2017-07-08 um 14:27 Uhr
Danke Herr Dr. Hofmann.