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Aktion 21
AKTION 21

Höchstes Gericht – höchstes Unrecht


Freitag, 19. Oktober 2012

Zaghaft, aber immerhin setzen sich mutige Redakteure bisweilen mit unseren in mancher Hinsicht nicht ganz unproblematischen Höchstgerichten auseinander. Die von der Parteipolitik mehr oder weniger unverhohlen betriebene Besetzungspolitik, die jedenfalls beim Verfassungsgerichtshof systeminhärent ist – ein demokratiepolitisches Unding aus früheren Jahrhunderten, das längst beseitigt sein sollte - , der Einfluss der Politik auf die Entscheidungen und last not least die juristische Qualität von Erkenntnissen, die mitunter an der Art und Weise ihres Zustandekommens leidet.


Respekt vor Höchstgerichten?


Die „Frechheit“ der Kritik, die ich mir herausnehme, hat weit zurückreichende Wurzeln. Schon in meiner Studienzeit hatte Prof. Demelius uns Seminaristen kommentarlos Entscheidungen des OGH zur „Besprechung“ vorgelegt, wobei er unausgesprochen erwartet hatte, dass wir sie wohlbegründet als krasse Fehlentscheidungen entlarven würden. Keiner von uns hatte dabei sein Vertrauen in unsere juristische Kritikfähigkeit enttäuscht.
Mein nächstes Schlüsselerlebnis hatte ich im Rahmen eines Arbeitskreises, an dem auch hervorragende Juristen der Universität Wien teilnahmen. Im Zuge meines Themas hatte ich mich mit mehr als einem Dutzend OGH-Entscheidungen zu einer speziellen Frage auseinander zu setzen. Alle beriefen sich ohne tiefere Begründungen auf die erste dieser Entscheidungen, und die war schlicht und einfach falsch gewesen. Bei den folgenden hatte sich’s der OGH halt leicht gemacht.
Damit war mein Respekt vor Höchstgerichten endgültig dahin. Weitere Begegnungen mit ihnen waren auch nicht gerade angetan, etwas daran zu ändern.

„Rätselhafte“ Begründung

Schwierigkeiten mit der Bedeutung von Adverben wie „vor“ (zeitlich) sollte man bei einem Senat des Verwaltungsgerichtshof nicht vermuten. Was man dann allerdings von einem Erkenntnis1 halten soll, in welchem eine Einwendung, die vor Beginn einer Verhandlung erhoben wurde und laut Bauordnung für Wien „spätestens mit Ende der Verhandlung“ zu erheben ist, vom erkennenden Senat als verspätet erhoben qualifiziert wurde, kann man wohl nur damit erklären, dass ein Senatsmitglied, einige Zeit später darauf angesprochen, statt einer juristischen Rechtfertigung schlicht und einfach meinte: „Man kann doch ein solches Projekt“ (gemeint war ein Hochhaus) „nicht verhindern.“

...die Katz, die sich in den Schwanz beisst

Solchen Rätseln entgeht man am besten, indem man sich erst gar keine sprachlogische Blöße gibt und zum nicht so einfach zu durchschauenden Zirkelschluss greift. Ein besonders schönes Beispiel lieferte jüngst ein VwGH-Senat in Sachen Augartenspitz. Die Bauordnung für Wien enthält ja eine ganze Reihe von „Schmankerln“, die je nach Bedarf so oder so ausgelegt werden können und die für (natürlich durch und durch redliche) Beamte eine riesige Spielwiese darstellen, auf der man die Weichen in alle möglichen Richtungen stellen kann – wenn man sich in den Spielregeln gut auskennt. Dass an eine grundlegende Reform dieser Bauordnung nicht im Traum gedacht wird, bestätigt nur den Willen der Politik, an dem selbstgeschaffenen Zustand nichts, aber auch schon gar nichts ändern zu wollen. Ein Schelm, der nun denkt, dass der VwGH bemüht ist, da ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen und Zwielicht zu beseitigen, wo immer solches in Erscheinung tritt.

Wiens Bauordnung sieht vor2, dass in Parkanlagen – dazu zählen Parkschutzgebiete wie der Augarten - nur für ihre Benützung und Erhaltung notwendige Bauten errichtet werden dürfen.
Sie sieht aber auch vor, dass Bebauungspläne über die Widmungen, Fluchtlinien und Verkehrsflächen hinaus zusätzlich Bestimmungen über die bauliche Ausnützbarkeit von Parkanlagen und Parkschutzgebieten enthalten können.
Legt man diese „Ermächtigung“ im Sinne der in Österreich geltenden Rechtsregeln aus, dann können sich solche zusätzlichen Bestimmungen nur auf „für die Benützung und Erhaltung notwendige Bauten“ beziehen. Legt man sie jedoch nach dem strengen Wortsinn aus, dann könnte man sie auch als Blankovollmacht für jegliche Art von Bauten – auch von Hochhäusern! - sehen, welche die ursprüngliche Widmung zunichte machten.
Da aber eine solche Auslegung verfassungsrechtlich bedenklich wäre, wurde für den Fall, dass ihr der VwGH folgen wollte, die Überprüfung der diesbezüglichen Rechtsvorschrift („Normenprüfungsverfahren) durch den VfGH angeregt.
Der VwGH hat jedoch ein solches „Normenprüfungsverfahren“ abgelehnt, weil er – bei wörtlicher Auslegung des Gesetzes - keinen Gesetzesverstoß erblicken könne. Im Klartext heißt das: weil kein Verstoß gegen ein möglicherweise verfassungswidriges Gesetz vorliegt, ist dieses Gesetz auch nicht auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.
Mit dieser Rechtsansicht wird freilich jede Verfassungswidrigkeit einer Gesetzesbestimmung durch ihre tatsächliche Anwendung geheilt – eine zirkelschlüssige Auslegung, die jede Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes überflüssig machen würde.
Dieser Zirkelschluss rechtfertigt die Frage, ob sich der VwGH der Tragweite seiner Entscheidung bewusst war und, sollte diese Frage bejaht werden müssen, was ihn dennoch dazu veranlasst hat. Es wäre fatal, wenn es ähnliche Beweggründe gewesen sein sollten, die zum obenerwähnten Erkenntnis3 geführt hatten.

Kleiner Mann, was nun?

Vor der Allgewalt eines Höchstgerichtes gibt es keine Gerechtigkeit. Oder doch? Dem vielberufenen Otto Normalverbraucher steht doch der Rechtsweg zum EuGH offen! Also eine objektive Instanz, die über den Dingen steht? In der Theorie recht schön. In der Praxis aber so: Entscheidungen lassen dort mehrere Jahre auf sich warten. Wenn es also beispielsweise um Bauwerke geht, sind diese längst errichtet und in Betrieb genommen, wenn entschieden worden ist. Was dann? Abreißen? Den früheren Zustand wiederherstellen? Und was man nicht vergessen sollte: an solchen internationalen Gerichtshöfen sitzen auch österreichische Juristinnen oder Juristen. Sie werden von der Regierung, also von der Politik, entsendet. Und man darf, ohne etwas Böses zu denken, davon ausgehen, dass man ihre Meinung zu Fällen, die in Österreich handeln, einholt, ganz privat sozusagen. Weil man doch nicht an der Realität vorbei im Elfenbeinturm entscheiden möchte. Ist ja auch nichts dagegen einzuwenden. Und wenn es sich dann um ein Projekt handelt, hinter dem eine Partei steht, deren Exponentin oder Exponent am EuGH tätig ist, dann gehört wohl eine große Portion Verfolgungswahn dazu zu glauben, dass diese nicht so viel Objektivität aufbringt, sich auch einmal gegen die eigenen Parteiinteressen zu stellen. Wo doch der EuGH in dem obenerwähnten Verfahren4 der Meinung war, es sei alles rechtens zugegangen und niemand im Recht auf Gehör verletzt worden. Das „Eingeständnis“ des Senatsmitgliedes, von dem oben die Rede ist, ist ihm vermutlich nie zu Gehör gekommen.
Kleiner Mann, was nun?
Goschen halten, Hände falten. Und trotzdem nicht alles blindlings glauben, was auf den Tisch kommt.

Helmut Hofmann

1 Zl. 2003/05/0044-17
2 § 6 Abs. 2, Z. 1 Bauordnung für Wien
3 Zl. 2003/05/0044-17
4 Zl. 2003/05/0044-17
D A N K E für diesen Beitrag ! 
von G. B. am 2012-10-20 um 12:55 Uhr
Vielleicht kommt es zu weiteren Untersuchungen des Zusammenwirkens staatlicher Stellen der Republik Österreich mit solchen der Stadtgemeinde, des Landes Wien.

Bei allem Respekt vor der Personal-Enge der Staatsanwaltschaften - und besonders der
Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Korruption (mit Sitz in Wien) -
diese sollten - besonders letztere - zu den Sachverhalten "Verbauung" (Nutzung) des vorgeblich geschützten AUGARTENs
ihren Dienst leisten.

Was Kaiser Josef II. am 1. May 1775 "Allen Menschen als Erlustigungs-Ort gewidmet" hat, soll eine "Republik" nicht veruntreuen.
 
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