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Aktion 21
AKTION 21

Hat Wien eine Planwirtschaftskammer?


Freitag, 13. April 2007

Welterbe-Vision: City als riesige Parkgarage

Die Präsidentin der Wiener Wirtschaftskammer, Frau Brigitte Jank, bemängelt, dass es "zu wenig Garagen gibt. Mit Schuld ist das fehlende Engagement der Stadt Wien. In den Jahren 2004 bis 2006 wurden nur 21 Garagen mit rund 5800 Stellplätzen mit öffentlichen Förderungen errichtet." Schuld sind aber auch die Bürgerinnen und Bürger, weil "in letzter Zeit immer mehr Garagenprojekte durch Bürgerinitiativen und Bürgerbefragungen zu Fall gebracht" wurden. Die unschuldigen Opfer sind die bedauernswerten uneigennützigen Garagenkönige, die man damit hinterhältigerweise um die wohlverdienten öffentlichen Fördermittel bringt

Es ist ja beruhigend, wenn von Seiten einer Interessenvertretung, die vorgibt jene der Wirtschaft zu sein, ein Bekenntnis zur Wahlfreiheit kommt: zur Freiheit der Wahl, für den PKW einen Abstellplatz ober Tag oder einen solchen unter Tag suchen zu können und zu diesem Zweck möglichst viele Garagen den viel zu wenigen Parkplätzen im öffentlichen Raum entgegenzustellen. Mit Nachhaltigkeit hat das freilich wenig zu tun, denn es wird ja nicht lange dauern, bis die zunehmende Zahl von PKW-Zulassungen jenes Maß erreicht haben wird, welches den Umbau der City in eine einzige große Parkgarage erfordern würde.

Wenn den Verantwortlichen keine andere Lösung des Verkehrsproblems einfällt, als die Zahl der zu bauenden Garagen mit der Zahl der Neuzulassungen in Einklang zu bringen, wird selbst das große Areal der Wiener Innenstadt einst zu klein werden, um all die Garagen aufzunehmen. Von den Straßen ganz zu schweigen, deren großzügigen Ausbau man für die Bewältigung des innerstädtischen Verkehrs vor noch nicht allzu langer Zeit als unerlässlich angesehen hat. Die werden inzwischen wieder massiv rückgebaut, wie alles, das irgendwann aus dem Lot gerät und von den Menschen, welche diese Stadt bewohnen, nicht mehr angenommen wird.

Zur ebenen Erde und im Unterstock

Aber es kommt noch viel dicker. Es muss unser Ziel sein, möglichst viele Dauerparker in Garagen unterzubringen, meint die Kammerpräsidentin (wen sie da wohl unglücklicherweise als ghost-writer engagiert haben mag? Weiß diese Dame überhaupt, was sie da sagt? Reicht ihr nicht die unbedarfte Wortspende, derzufolge die Landstraßer Markthalle nicht älter sei als der Bau, der sie derzeit beherbergt?) Möglichst viele Dauerparker in Garagen unterzubringen heißt im Klartext: Anrainer und Kaufleute (das sind nämlich diejenigen, für welche 2 Stunden Parkzeit in der Regel nicht reichen) haben ober Tag nichts verloren, sie haben unter der Erde und die einpendelnden Gäste der Gastronomie über der Erde zu parken. Die Anrainer (irgendwo müssen sie ihr Auto ja abstellen, wenn sie eines haben wollen oder müssen) haben für einen Garagenplatz ein Vielfaches von dem zu bezahlen, was Einpendler (die genau so gut mit den Öffis oder mit Taxi kommen könnten) für den Parkplatz entrichten müssen. Sie kommen auch nicht in den Genuss des wie und wann immer geltenden Parkpickerls, auf welches sie als Besitzer eines Garagenplatzes gar kein Anrecht haben. Tableau!


Die Planwirtschaft lässt grüßen

So viel Dirigismus und Ungleichbehandlung der ansässigen Bevölkerung gegenüber "Gästen", noch dazu mit dem ausdrücklichen Anspruch auf öffentliche Förderungen, hätte man sich zwar in der Blüte des Stalinismus von Misswirtschaftspolitikern des weiland Ostblocks erwarten dürfen, aber doch niemals von der Repräsentantin einer Wirtschaft, welche sich als freie und noch dazu soziale Marktwirtschaft versteht! Wer solchem Dirigismus, wenn auch unbedacht, das Wort redet, hat sich als Vertreter(in) der Wirtschaftstreibenden nachhaltig disqualifiziert. Wir brauchen keine fünfte Kolonne, die uns das Sowjetparadies herbeireden will. Wir haben vom Dirigismus totalitärer Regimes die Nase ausreichend voll. Immer noch. Und wer bedauert, dass "in letzter Zeit immer mehr Garagenprojekte durch Bürgerinitiativen und Bürgerbefragungen zu Fall gebracht" worden seien, demonstriert nicht nur unzureichendes Demokratieverständnis, sondern versucht, anstatt unfähige Planer für die Schuld an Fehlplanungen verantwortlich zu machen, die an den Bürgerinnen und Bürgern und damit am Bedarf vorbei erfolgt sind, diese Schuld ausgerechnet jenen Menschen zuzuschieben, deren Verhalten eben diesen Bedarf definiert. Gerade diese bürgerfeindliche Haltung, dieses Beharren auf dem Besserwissen der Funktionäre, dieses Ignorieren der kollektiven Intelligenz, ist das untrügliche Kennzeichen jener totalitären Planwirtschaft, die wir seit 1989 als endgültig überwunden angesehen haben. Mit der Wiener Wirtschaftskammerpräsidentin feiert sie auf seltsame Weise fröhliche Urständ. Wiens Kaufleute - nicht nur jene in der Landstraßer Markthalle - sollten auf der Hut sein. Ihre Kunden - jene Bürgerinnen und Bürger, die Frau Jank als die großen Verhinderer anprangert, sind es bereits.

Helmut Hofmann




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